Der Deutsche Kinematheksverbund (KV) ist eine Vereinigung deutscher Filmarchive, Filmerbeinstitutionen und Kinematheken.
Geschichte
Ausgangspunkt des KV war ein „Verwaltungsabkommen über die Einrichtung und Unterhaltung eines Kinematheksverbundes“ zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Berlin vom 8. Dezember 1978. Es sah zunächst die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesarchiv (damals Koblenz, heute vor allem Berlin) und der Stiftung Deutsche Kinemathek (SDK, Berlin) vor, sowie den Beitritt weiterer Institutionen, insbesondere des Deutschen Instituts für Filmkunde (DIF) (Wiesbaden, heute: DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum).
Mit dem Verwaltungsabkommen wurde dem Filmarchiv des Bundesarchivs die Aufgabe eines zentralen deutschen Filmarchivs zugewiesen: die möglichst vollständige Sammlung und Sicherung der deutschen Filmproduktion von den Anfängen bis zur Gegenwart, die Restaurierung alter Kopien, die Herstellung neuer Ausgangsmaterialien. Aber auch bei anderen Mitgliedern des Kinematheksverbundes, insbesondere bei der SDK und dem DFF, hat sich die Restaurierung und Digitalisierung von Filmen zu einem Schwerpunkt entwickelt. Die Einrichtungen in Berlin und Wiesbaden sollten die Aufarbeitung und Vermittlung des deutschen Films übernehmen: den nichtgewerblichen Verleih historisch bedeutender deutscher Filme, die Veranstaltung von Retrospektiven und Ausstellungen, die Veröffentlichung filmhistorischer Untersuchungen, die Sammlung von Sekundärmaterialien zur Filmgeschichte sowie die Archivierung ausländischer Filme und Spezialbestände. Alle drei Institutionen erfüllen kulturpolitische Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung und sind der Bundesbeauftragten für Angelegenheiten der Kultur und Medien zugeordnet oder werden von ihr unterstützt.
Im Laufe der Jahre kamen durch Kooption weitere Filminstitutionen hinzu: CineGraph – Hamburgisches Centrum für Filmforschung, Deutsches Filmmuseum Frankfurt/Main, Filmmuseum Düsseldorf, Filmmuseum München, Filmmuseum Potsdam, Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart, die Filmabteilung des Goethe-Instituts, München, sowie das Deutsche Institut für Animationsfilm e.V., Dresden. An den zweimal jährlich stattfindenden Sitzungen des Koordinierungsrates des Kinematheksverbundes, in dem die Stiftung Deutsche Kinemathek gemäß Verwaltungsabkommen den Vorsitz führt, nehmen als ständige Gäste neben Behördenvertretern auch die DEFA-Stiftung und die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung teil. Anlässlich des Wechsels der Trägerschaft der Stiftung Deutsche Kinemathek vom Land Berlin auf die Bundesrepublik Deutschland wurde 2005 eine neue Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, die die bisherige Aufgabenteilung fortführt.
Koordination der Filmarchive und -museen
Aufgrund der Kulturhoheit der Bundesländer gibt es in Deutschland – anders als etwa in der früheren DDR – kein nationales Filmarchiv, in dem Kopien jedes im Lande produzierten Films aufbewahrt werden. Kopien bzw. Negative alter deutscher Filme lagern heute in einer ganzen Reihe von Archiven, Kinematheken, Stiftungen und Museen, an verschiedenen Orten der Bundesrepublik. Ziel des Kinematheksverbundes, der regelmäßigen Treffen des Koordinierungsrates und der verschiedenen Arbeitsgruppen ist es, die Zusammenarbeit zu sichern. Eine erste Übersicht über die Filmbestände wurde auf Initiative der SDK und des DFF für deren Sammlungen erstellt und vom BKM gefördert. Die Veröffentlichung erfolgte auf filmportal.de, seither wurden Bestände weiterer Institutionen eingepflegt. In einem nächsten Schritt sollen auch die Bestände des Bundesarchivs erfasst werden.
Eine Arbeitsgruppe des Kinematheksverbundes – unter Beteiligung von Filmarchiv des Bundesarchivs, CineGraph, das Deutsche Filminstitut, die Gesellschaft für Filmstudien und des Stummfilmexpertens Herbert Birett – hat 1999 eine filmografische Datensammlung zur Identifizierung von 17.858 deutschen Spielfilmen erstellt, die Deutsche Filmografie (DEFI). Unter anderem auf dieser Grundlage entstand die vom DFF betreute Website filmportal.de, die heute eine wichtige Anlaufstelle für Recherchen zum deutschen Film ist. Mit einem Pilotprojekt der Deutschen Kinemathek und des DFF begannen die Bemühungen, einen Bestandskatalog aller überlieferten Titel der deutschen Filmgeschichte zu erstellen. Seitdem werden kontinuierlich die Bestände weiterer Institutionen erfasst und auf filmportal.de veröffentlicht. Damit wird der interessierten Öffentlichkeit und der Fachwelt ein Einblick in die Überlieferungssituation deutscher Filme ermöglicht.
Die Digitalisierung des analogen Filmerbes und damit die Sicherung des Zugangs zu einem Großteil der deutschen Filmgeschichte war in den letzten beiden Jahrzehnten ein Schwerpunkt des Kinematheksverbundes. Er unterstützte das von Rainer Rother vorgeschlagene Konzept einer gleichberechtigten Förderung der zwingend notwendigen Digitalisierung in drei „Säulen“. Das 2019 gestartete und zunächst auf 10 Jahre angelegte Förderprogramm Filmerbe basiert auf diesem „Drei-Säulen-Modell“.
Kinopreis des Kinematheksverbundes
Da einige wichtige Filmarchive wie z. B. das Bundesarchiv-Filmarchiv für die Vorführung ihrer Bestände kein eigenes Kino besitzen, arbeitet der Kinematheksverbund auch an einem Ausbau der Beziehungen zwischen Archiven und Programmkinos. Seit 2000 fördert er kommunale und nicht-gewerbliche Filmveranstalter, die sich um die Vorführung klassischer Filme besonders verdient machen, mit einem Kinopreis. Der Preis wird jährlich an kommunale Kinos und filmkulturelle Initiativen „für herausragende Programme und kontinuierliches Engagement für eine anspruchsvolle und vielfältige Kinokultur in Deutschland“ verliehen. Über die Vergabe entscheidet eine Jury aus fünf Fachleuten, die über einschlägige Erfahrungen im Bereich der kulturellen Filmarbeit verfügen.
Nachdem der Kinopreis mangels einer nachhaltigen Finanzierung zunächst zur Disposition stand, konnte die Deutsche Kinemathek entgegen ihrer Mitteilung vom März den Preis auch 2015 vergeben. Im Jahr 2016 wurde der Preis aus dem Haushalt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert und erstmals ein Spitzenpreis, der Lotte-Eisner-Preis, vergeben.
Lotte-Eisner-Preis
In Anlehnung an die 1933 emigrierte Filmkritikerin und -historikerin Lotte Eisner trägt der neue Spitzenpreis den Namen Lotte-Eisner-Preis. Die Auszeichnung wird für „herausragende Programmarbeit ausgelobt, die Maßstäbe setzt und eine begeisterte und kritische Auseinandersetzung mit der Filmgeschichte und ihren Präsentationsformen ermöglicht“.
- 2016: Kino im Sprengel, Hannover
- 2017: Filmclub 813, Köln
- 2018: Kommunales Kino Pforzheim
- 2019: B-Movie, Hamburg
- 2020: Cinémathèque Leipzig und UT Connewitz
- 2021: Filmforum Höchst, Kommunales Kino Freiburg, Metropolis Kino Hamburg und Kommunales Kino Pforzheim (Preis wurde pandemiebedingt im Sinn einer „solidarischen Unterstützung“ aufgeteilt)
- 2022: Kommunales Kino, Pforzheim
- 2023: Sinema Transtopia, Berlin
- 2024: Zeughauskino, Berlin
Kinematheksverbund: Die 100 wichtigsten deutschen Filme
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Kinos führte der Kinematheksverbund 1995 eine Umfrage zu den 100 wichtigsten deutschen Filmen durch, bei der über 300 Filmexpertinnen und -experten ihre Stimme abgaben. Zur Auswahl standen Filme aus der BRD und der DDR, wobei die Weimarer Republik mit 37 Filmen besonders stark vertreten ist. Fritz Lang, Georg Wilhelm Pabst und Rainer Werner Fassbinder sind mit je sechs Filmen die am häufigsten vertretenen Regisseure.
Siehe auch
- Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF)
Weblinks
- Offizielle Website
- Ausstellungen der Mitglieder des Kinematheksverbundes
Einzelnachweise



